THESENPAPIER ZUM MODELL „Kommunales Beschäftigungsverhältnisses“
- Lothar Radermacher
- 29. Nov. 2017
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Nov. 2024
Jeder Erwachsene in Deutschland, der, aus welchen Gründen auch immer, im Bezug von Arbeitslosengeld II steht, hat nach spätestens 24 Monaten einen Anspruch gegenüber seiner Wohnsitzgemeinde auf Beschäftigung.
Im Vollzeitmodus (40 Stunden) erhält er dafür, unabhängig von der konkreten Beschäftigung, EUR 1.750,- brutto im Monat, im Teilzeitmodus (25 Stunden) EUR 1.100,-.
(Mindestlohn bei 172 Stunden wäre zur Zeit EUR 1.520,48, bei 107,50 Stunden EUR 950,30)
Dieses Modell des Kommunalen Beschäftigungsverhältnisses (KBV) geht von drei Prämissen aus:
Es gibt eine Vielzahl von Menschen, die zeitweise oder auf Dauer keine Chance haben, auf dem Arbeitsmarkt eine reguläre Beschäftigung zu finden, die ihnen ein Leben ohne staatliche Transferleistungen ermöglichen würde. (Frage des Marktes)
Das derzeitige System der Arbeitsvermittlung und der sogenannten arbeitsmarkt- politischen Instrumente ist teuer und für diese Menschen nicht effektiv. (Frage des Systems der Arbeitsvermittlung)
Menschen wollen arbeiten und nicht bedingungslos alimentiert werden. (Frage des Menschenbildes und der Würde der Arbeit)
Die Kommunen könnten als Arbeitgeber ihren Bürgern eine Vielzahl von Hilfestellungen anbieten, was ihnen derzeit aufgrund ihrer Haushaltslage einerseits, der Nichtnutzung des Arbeitspotenzials arbeitsloser Menschen andererseits, nicht möglich ist.
Es sind viele Beschäftigungsbereiche denkbar, beispielsweise
- familienstützende und betreuende Tätigkeiten;
- bildende und unterrichtende Tätigkeiten;
- handwerkliche und helfende Tätigkeiten.
Die Kommunen sind die geeigneten Träger der neuen Beschäftigungsverhältnisse, weil
sie den lokalen Arbeitsmarkt und die Bedürfnisse ihrer Bürger am besten kennen;
sie den angemessenen Rechtsrahmen für die Beschäftigungsverhältnisse bieten: einerseits nichtstaatlich und damit subsidiär, andererseits organisiert und verrechtlicht;
die Bürger die Möglichkeit der politischen Kontrolle und Bewertung der Bemühungen ihrer Kommune um Beschäftigung erlangen.
5. Einzelfragen der Beschäftigungsverhältnisse. Vorgeschlagen wird hier:
Eine Bezugsberechtigung auf der Grundlage von Langzeitarbeitslosigkeit (mindestens 12 Monate), Freiwilligkeit (keine Verpflichtung zum KBV), Geeignetheit (Mindestmaß an gesundheitlicher Stabilität; gegebenenfalls begleitende Hilfen bei psychischen Problemen, Verschuldung, Wohnungssuche);
Eine feste Dauer von drei Jahren von Seiten der Kommune bei „Sondertarif KBV“, danach Entscheidung der Kommune zur Übernahme in reguläre Strukturen der Gemeinde; jederzeit Bewerbung des Arbeitnehmers (Frage einer zweiten Möglichkeit)
Keine weiteren sozialen Transferleistungen (Sozialhilfe, Aufstockung etc.), allerdings keine Anrechenbarkeit von allgemeinen Leistungen des Sozialstaates wie Kinder- und Wohngeld, BAföG, Minijob
Anreize zur Weiterqualifizierung in geeigneten Fällen, gegebenenfalls in Absprache mit und mit Unterstützung der Arbeitsagentur
6. Das Modell des Kommunalen Beschäftigungsverhältnisses rechnet sich bereits, wenn es mit den derzeitigen Kosten der Arbeitsverwaltung und -vermittlung verglichen wird. Es rechnet sich erst recht, wenn man die Erträge der Arbeitsleistungen und gesamtgesellschaftliche und volkswirtschaftliche Effekte berücksichtigt.
Reine Kostenseite:
Kosten in Form von Leistungen an die langzeitarbeitslose Person (Laufende Hilfe zum Lebensunterhalt; Krankenversicherung; Kosten der Unterkunft und in besonderen Lebenslagen)
Kosten der Arbeitsverwaltung
Kosten der sogenannten „Maßnahmen der Arbeitsvermittlung“ (Bildungsträger; Parallelstrukturen)
Kosten krankmachender Strukturen
Positive Wirkungen
Leistungen der Beschäftigten in ihrem Wirkungskreis
Positive Effekte in den Leistungsbereichen
Zahlungen von Steuern und Sozialabgaben
7. Das Kommunale Beschäftigungsverhältnis ist in der Lage, seinen Beschäftigten eine Grundlage für ein Auskommen zu sichern, das ihnen eine persönliche Lebensplanung und die Entwicklung von Lebensperspektiven ermöglicht sowie ein menschenwürdiges Leben und Arbeiten. Es entspricht den Kriterien der katholischen Soziallehre, insbesondere den Forderungen von Subsidiarität und Solidarität und der personalen Würde der Menschen, die hierdurch Beschäftigung finden.
Trier, den 29. November 2017
Sachausschuss „Gesellschaft und Soziales“, Katholikenrat im Bistum Trier

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